Warum Aus Um Für In Berchtesgaden

Warum Aus Um Für In Berchtesgaden

Vision Berchtesgaden „Klimasprechstunde“ vom Berchtesgadener Anzeiger

»Wie sehr wollen wir die Welt an die Wand fahren?«

BERCHTESGADEN |

Berchtesgaden – Berchtesgaden soll zukunftsfähig, gesünder und nachhaltig werden – das ist das Ziel der vor gut einem Jahr gegründeten Initiative »Vision Berchtesgaden«. Jetzt luden die acht engagierten Frauen der Vision Berchtesgaden zur ersten Klimasprechstunde in die Kneipe »Kleiner Kuckuck« in Berchtesgaden ein, um über die Klimakrise, ihre Auswirkungen und mögliche Lösungen zu informieren und den Austausch zu fördern. Unterstützt wurden sie dabei vom Nationalpark Berchtesgaden und dem Jugendhilfeträger »Jonathan Soziale Arbeit«.

Etwa 60 Personen kamen bei sommerlichen 27 Grad in den Gastgarten des »Kleinen Kuckuck«, wo informative Aufsteller, Texte, Grafiken und Diagramme bereitstanden, ergänzt durch QR-Codes, die für weitere Informationen gescannt werden konnten. Maresa Brandner von der Vision Berchtesgaden und Projektleiterin der Veranstaltung sowie Ragna Schnurer, Umweltbeauftragte und Verantwortliche für die Partnerinitiative des Nationalparks Berchtesgaden, standen für Erläuterungen zur Verfügung. Die Kerninformationen zum Klimawandel wurden in 20 Worten zusammengefasst: »1. Er ist real. 2. Wir sind die Ursache. 3. Er ist gefährlich. 4. Die Fachleute sind sich einig. 5. Wir können noch etwas tun.«

Erwärmung um drei Grad ist exponentiell schlimmer

»Vielen Leuten ist nicht klar, was eine ›Plus-3-Grad-Welt‹ bedeutet«, sagte Maresa Brandner und ergänzte: »Fakt ist: Wir haben bereits die Klimaerwärmung. Jetzt geht es darum, wie sehr wir die Welt an die Wand fahren wollen.« Denn eine Erwärmung um drei Grad sei nicht doppelt so schlimm wie eine Erwärmung um 1,5 Grad, sondern exponentiell schlimmer. Als sichtbares lokales Beispiel für die Klimaerwärmung nannte sie den Blaueisgletscher, der mittlerweile nur noch ein kleineres Schneefeld sei. »Man kann ihm beim Schmelzen zuschauen«, sagte sie. Aufklären wolle die Vision Berchtesgaden und gleichzeitig Menschen, die Angst haben, die Möglichkeit geben, sich auszutauschen.

Die ausgelegten Informationen, alle mit Quellenangabe, entsprechen dem wissenschaftlichen Stand der Forschung, betonten die Organisatoren. Eine Grafik zeigte, dass die Durchschnittstemperatur der Ozeane seit März 2023 jeden Tag Rekordwerte erreicht hat. Ein anderer Artikel befasste sich mit dem möglichen Zusammenbrechen des Golfstroms. Weitere Dokumente hatten die enormen Auswirkungen der Klimaerwärmung zum Thema: Stürme, Regenfälle, Dürren, Starkregen, Extremwetterlagen. Verhindern ließe sich das alles nicht mehr, aber auf ein lebenswertes Maß reduzieren.

Ragna Schnurer stand für Erläuterungen der ausliegenden Forschungsergebnisse aus dem Nationalpark zur Verfügung. »Der Nationalpark bietet sich für Klimawandelforschung an, weil man dort verschiedene Klimazonen hat. Das Schutzgebiet ist wie ein Labor – man kann sehr gut beobachten, was bei einer Erwärmung passiert.« Das Ergebnis: »Klimaerwärmung beschleunigt Veränderungen. Der Wald wandelt sich auch so, aber viel langsamer.«

Fußabdruck verringern, Handabdruck vergrößern

Was kann der Einzelne jetzt gegen die Klimaerwärmung tun? Darüber gab eine weitere selbst erstellte Grafik Auskunft: den eigenen Fußabdruck verringern, während man den eigenen Handabdruck vergrößert. Der eigene Fußabdruck umfasst das, was jeder persönlich tun kann. Beispielsweise das Auto stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel oder das Rad nutzen, Energie sparen, reduzieren, recyceln und wiederverwenden, auf Flugreisen verzichten, regional und saisonal kaufen und pflanzlich essen. Der persönliche Handabdruck umfasst das Engagement für die Umwelt: bei sich selbst anfangen, darüber sprechen, sich in Gesellschaft und Politik engagieren, Hebel finden. Erwähnung fanden auch positive Beispiele vor Ort, wie der Secondhand-Kleidermarkt der Kolpingsfamilie Berchtesgaden.

»Klimaschutz kann auch Spaß machen, zum Beispiel bei einer Kleidertauschparty«, sagte Ragna Schnurer. Es müsse kein Verzicht sein. Jeder könne bei sich das verändern, was am leichtesten falle: »Wenn jemand nicht vegan leben möchte, macht er dafür vielleicht Regionalurlaub, statt zu fliegen.«

Teuer müsse Klimaschutz auch nicht sein – das zeigte eine weitere Grafik: »Klimaschutz für kleines Geld« könne beispielsweise Radfahren sein, aber auch Urlaub daheim, gebraucht kaufen oder Foodsharing.

Durchwegs positiv zur Veranstaltung äußerten sich die Besucher, die rund um die Aufsteller und an den Tischen weiter über das Thema diskutierten. Kritisch angesprochen wurde dabei der öffentliche Personennahverkehr in Berchtesgaden. Dass in dieser Zeit Buslinien gestrichen würden, sorgte bei einigen für Unverständnis. Das sei eine Entwicklung in die falsche Richtung.

Die »Vision Berchtesgaden« zeigte sich mit dem Ergebnis der Veranstaltung zufrieden. Dort freut man sich über weitere Unterstützung und bietet vielfältige Informationsmöglichkeiten über Instagram (vision.berchtesgaden), Website (www.vision-berchtesgaden.de) und per E-Mail an vision.berchtesgaden@gmail.com an. Es gibt auch eine WhatsApp-Broadcast-Gruppe. Und wer sich für die ausgestellten Grafiken interessiert, kann hier darauf zugreifen: linktr.ee/vision.berchtesgaden.

(von Babett Wegscheider)